Dienstag, 18. Oktober 2016

Vorgeschichte Kapitel 3

3. Auf keinen Fall!

Eilin


„Er ist wirklich toll und geht sogar nächstes Jahr schon studieren!“, erzählte das kleine Mädchen gerade von ihren Erlebnissen in der Bibliothek, während Eilin blasser und blasser geworden war. Das… war nicht ihr Ernst. Sie war doch gerade erst sechs Jahre alt! Wer wusste schon was das für ein Junge war! Wahrscheinlich konnte sie von Glück reden dass nichts passiert war…
Trotzdem wollte Eilin eigentlich nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, immerhin konnte es viele Gründe geben weshalb der Teenager sich mit ihrer Tochter unterhalten und sie wiedersehen hatte wollen… vielleicht…
Die Rothaarige verzog das Gesicht und ihr Herz zog sich vor Angst zusammen. Sie war wirklich niemand der Andere verurteilte ohne sie vorher selbst getroffen zu haben aber es war wohl wirklich ein wenig seltsam dass ein Teenager sich für eine Sechsjährige interessierte. Sie wollte nicht, dass ihrem kleinen Mädchen irgendetwas zustieß.
Allerdings wäre sie wohl ohnehin nicht zum Antworten gekommen, denn in diesem Augenblick schien bei Joel eine Sicherung durchzubrennen. „WIE BITTE?!!!“, schrie er aufgebracht und voller Entsetzen auf. Oh nein… ihr armes kleines Mädchen… konnte er das nicht ein wenig zärtlicher und ruhiger sagen?



„Joel…“, begann sie, wurde allerdings sofort von ihrem Freund unterbrochen der nur noch wütender zu werden schien. Er warf sogar die Arme in die Luft als er zutiefst erbost fauchte:
„DIESER BENGEL SOLL ES NICHT WAGEN DIR AUCH NUR ANNÄHERND ZU NAHE ZU KOMMEN!!!“
Oh nein… warum musste er nur so rumschreien! Ihre kleine Deirdre war doch noch so klein! So konnte er nicht mit ihr umgehen, sie war viel zu jung um seinen Zorn verstehen zu können!
Das kleine Mädchen wirkte auch ganz deutlich verunsichert, die Augen wurden schon feucht während sie regelrecht gequält zu ihr und Joel aufsah.
„Aber ich dachte…“, murmelte ihr kleines Mäuschen kleinlaut und sichtlich enttäuscht unglücklich, wurde jedoch ebenfalls sofort von dem wutentbrannten Rotschopf unterbrochen.
„NICHTS DACHTEST DU!!! Ich verbiete dir den Umgang mit dem Jungen!“
„Aber-“
„NICHTS ABER!“
Ihr Blick sprach Bände und zerriss Eilin regelrecht das Herz.


Doch Joel ließ sich selbstverständlich nicht erweichen und irgendwo war das natürlich auch gut so. Auch Eilin hatte Angst um ihre Tochter, so ganz normal war das schließlich nicht dass ein, Deirdres Aussagen nach zu urteilen, mindestens 16, wenn nicht sogar 18 Jähriger sich für sie interessierte… wer wusste schon wo das hinführen würde. Und doch war sie der Meinung, dass man ihr das etwas schonender hätte beibringen können.
„Joel beruhig dich doch…“
, begann Eilin in einem besänftigenden Tonfall, wurde von ihm jedoch regelrecht mit Blicken aufgespießt, ganz so als wäre sie Schuld an allem. Dieser sture Esel!
„Beruhigen?! BERUHIGEN?!! Wie soll ich mich bitte beruhigen wenn irgendein perverser Jugendlicher es auf mein kleines Mädchen abgesehen hat?!!“
Innerlich seufzte sie nur resignierend. Er hatte ja schon irgendwo Recht, trotzdem überreagierte er gerade ganz dramatisch… vielleicht sollte er sich mal ein Snickers zu Gemüte führen.
„Daddy… das… das ist… gemein… Arjun war so lieb zu mir… und du…“
, schniefte ihre Tochter mit feuchten Augen, guckte mit einem gequälten Blick zu ihrem Vater auf. Oh oh… Eilin konnte regelrecht spüren wie Joels wieder aufflammende Wut den Raum in lodernde Flammen der Hölle verwandelte.
„DU HÄLTST DICH VON DIESEM BENGEL FERN UND DAMIT SCHLUSS!!!“


Dieser aufbrausende Brüllaffe von einem Mann! Verärgert das Gesicht verziehend trat Eilin auf das Sofa zu auf dem ihr kleines Mädchen saß und ließ sich neben ihr in die Kissen fallen, warf Joel dabei einen strafenden Blick zu.
„Was schaust du MICH jetzt so vorwurfsvoll an?!!! Das reicht jetzt!!!“
, fauchte er aufgebracht ohne sie überhaupt zu Wort kommen zu lassen. Schwungvoll und ganz wie die Diva der ihr Snickers fehlte, wandte der Ältere sich ab und stapfte auf die Treppe zu, schimpfte nur weiter wie ein Rohrspatz vor sich hin.
„DU HÄLTST DICH VON IHM FERN! UND DAS IST MEIN LETZTES WORT!“
, hörte sie ihn noch brüllen während er bereits die Treppe hinauf stapfte.


Sie konnte seine Füße gerade noch sehen, wie sie Stufe um Stufe erklommen, rollte nur mit den Augen aufgrund des Krachs den er dabei verursachte. Er führte sich auf wie ein Elefant im Porzellan Laden. 


„Joel, verdammt! Jetzt warte doch mal!“
, rief sie ihm hinterher, hob abwehrend die Hände, doch der Sturkopf wollte einfach nicht hören. Brummte und fauchte nur irgendwas Aggressives vor sich hin dessen Sinn ihr nicht ganz klar wurde. Wahrscheinlich hatte er nur irgendwelche Affengeräusche von sich gegeben.


„Mommy…“
, hörte sie ihre kleine Tochter schluchzen die mit ganz feuchten Augen in ihr Gesicht hinauf blickte. Oh nein, ihr armes kleines Mädchen. Was sollte sie denn jetzt tun? Erlauben sich mit dem Jungen zu treffen konnte sie ihr nicht, sie musste Joel doch irgendwo zustimmen. Es war einfach zu gefährlich. Vielleicht wenn sie älter war. Aber wie sollte sie ihrer Tochter das nun klar machen? 
Nachdenklich hob sie ihre Hand, knabberte an ihrem angewinkelten Zeigefingerknöchel herum. „Deirdre… dein Vater meint es nicht so… er hat nur Angst um dich, deshalb ist er so wütend geworden, verstehst du?“
, versuchte sie es erstmal auf diese Weise, blickte in die fragenden, traurigen Augen ihrer kleinen Tochter. Sie schien es nicht ganz zu verstehen. Vielleicht wollte sie es auch nicht verstehen.
„Aber Mommy er ist nicht böse… Daddy kennt ihn doch gar nicht also wie will er das beurteilen können!“
Wieder biss Eilin sich in den Fingerknöchel, dachte nach. Es war wirklich schwierig ihrer Tochter das zu erklären, erst Recht als diese dann auch noch mit Tränenfeuchten Augen und deprimiertem Blick weiter sprach:
„Hat Daddy mich jetzt nicht mehr lieb?“
„Doch natürlich Schätzchen! Eben weil er dich so lieb hat, hat er so wütend reagiert. Er will dich nur beschützen weil er denkt Arjun könnte vielleicht doch nicht so ein Lieber sein wie er dich glauben lassen hat.“
, versuchte sie ihre kleine Tochter zu beruhigen.


Diese schniefte nur noch einmal und schlang schließlich ihre Arme um ihre Mutter. Erleichterung machte sich in Eilin breit, Gott sei Dank… sie hatte wirklich Angst gehabt ihr kleines Mädchen würde das nicht verstehen und sich nun erstmal komplett abwenden. Glücklicherweise schien sie sich wohl getäuscht zu haben.
Sanft legte sie nun ebenfalls einen Arm um sie, strich ihr mit der Hand des anderen über ihren dünnen, zarten Unterarm.
„Na komm, ist doch alles gut.“
, beruhigte sie Deirdre und versuchte ihr nun etwas schonender beizubringen, dass sie diesen Arjun nicht mehr treffen durfte und warum ihr Vater so reagiert hatte wie er reagiert hatte. Natürlich kinderfreundlich verpackt.


„Also ist jetzt alles wieder gut Mäuschen?“
, fragte sie den kleinen Rotschopf als sie ihr doch etwas längeres Gespräch langsam beendet hatten. Das Mädchen nickte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah mit einem schwachen Lächeln zu ihrer Mutter auf.
„Jah ich denke schon… ich habe verstanden was Daddy und du meinten… und dass ich vorsichtiger sein muss auch…“
, erklärte sie und Eilin fiel ein Stein vom Herzen. 
„Wie wärs wenn wir dann zu deinem Dad gehen und ihm das erzählen hm?“
„Okay…“
, kam nickend die Antwort ihrer Tochter.


Na das konnte ja was werden. Nach einer kurzen Suche fanden sie den nach wie vor leicht aufgebrachten Vater im Schlafzimmer wie er sich gerade mit den Zwillingen beschäftigte. Er brabbelte irgendwas vor sich hin von wegen, dass er sie beschützen und behüten würde und dass ihnen kein perverser Jugendlicher auch nur zu nahe kommen würde. Mein Gott diese Dramaqueen. Also ein bisschen übertreiben tat er ja schon…
„Na komm, sprich mit ihm…“
, flüsterte Eilin ihrem kleinen Mädchen Mut zu woraufhin diese schluckte und auf leisen, vorsichtigen Sohlen auf ihren Vater zutapste. Eilin konnte schon sehen wie dieser aus dem Augenwinkel misstrauisch und fast schon erwartungsvoll zu ihr zu blicken schien. Wie ein kleines Kind…


Die Beiden sprachen sich selbstverständlich aus und Eilin unterstützte ihre Tochter tatkräftig dabei. Das Ende vom Lied war, dass sie wieder ein Herz und eine Seele wurden. Da könnte man als Freundin Joels durchaus eifersüchtig werden, wie Eilin sich fast ein wenig amüsiert dachte.
Als der Ältere Deirdre schließlich auch endlich in seine Arme schloss und an sich drückte, war das strahlende, erleichterte Lächeln in seinem Gesicht kaum zu übersehen.


Gott sei Dank war das nochmal gut gegangen. Nun musste das Mädchen sich nur noch an ihre Abmachung halten und durfte sich nicht mehr allein mit dem Jungen in der Bibliothek treffen. Besser sie begleitete ihr kleines Mädchen wenn sie das nächste Mal ein Buch ausleihen oder lesen wollte. Zumindest falls es dieses nur in der Bibliothek gab und sie es nicht Zuhause hatten.
Sie schmunzelte leicht als die Babys zu weinen begannen, um Aufmerksamkeit schrien. Das hieß dann wohl mal wieder Arbeit. Und Eilin kümmerte sich nur zu gern darum, mit tatkräftiger Unterstützung ihres Freundes.
Deirdre hingegen meinte rief nur fröhlich:
„Ich geh dann mal hoch! Ich hab eine tolle Idee!“


Eine tolle Idee? Was für eine Idee? Mit nachdenklichem Blick richtete sie ihren Oberkörper wieder auf und blickte ihrer Tochter hinterher, murmelte an Joel gewannt der nach wie vor über ihre jüngste Tochter gerichtet da stand:
„Meinst du sie hat wirklich verstanden was wir ihr erklärt haben?“
„Sicher, sie ist ein intelligentes kleines Mädchen und du scheinst es ihr ja nochmal etwas genauer erklärt zu haben…“
War das etwa Schuldbewusstsein in der Stimme ihres persönlichen Gorillas? Scheinbar. Trotzdem konnte Eilin nicht wirklich darüber nachdenken. Sie hatte irgendwie ein ungutes Gefühl auch wenn sie nicht wirklich benennen konnte woher es kam.

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