Dienstag, 18. Oktober 2016

Vorgeschichte Kapitel 16

16. Doppelt hält besser

Lucy


Mit einem lauten Knall wurde die Tür aufgestoßen und zwei blonde, gepiercte Typen kamen ins Zimmer. Beziehungsweise lehnte der eine sich gegen den Türrahmen, während der andere enthusiastisch mit einer Hand einen Rucksack in die Höhe hielt. Beide schnipsten mit den Fingern in ihre und Chase' Richtung und ließen ihre jeweilige Hand in der Pose einer Pistole verharren während sie sichtlich guter Laune und ausgesprochen charmant flöteten: "Du hast gerufen, wir sind gekommen Chasyboy!" "Nils und Keldan eilen zur Hilfe mit super heißem Klamottenpaket für sexy Frauen!"



Der Hauch eines Schmunzelns erschien in dem Gesicht des Angesprochenen als er die zwei Typen sah und ihre Worte hörte, wohingegen Lucy ein wenig irritiert in deren Richtung blickte. Im ersten Moment zumindest. Der zweite galt vielmehr dem taxieren ihres Äußeren. Nicht schlecht...
"Ich hatte ja erwähnt dass ich dir ein paar Klamotten besorgen wollte. Die Zwei sind Freunde von mir, der mit den braunen Augen heißt Nils und der andere Keldan." Beide machten nahezu synchron einen Soldatengruß in ihre Richtung und schickten dem ein charmant taxierendes Grinsen hinterher. "Sehr angenehm.", meinte Keldan, wurde von Nils direkt darauf auch schon bekräftigt darin: "Ausgesprochen angenehm."
Sie konnte nicht verleugnen dass die beiden gar nicht mal so schlecht aussahen. Lässig warf Keldan ihr den Rucksack zu, während Nils' Blick forschender, fast schon nachdenklich wurde. Für einige Augenblicke fragte die Rothaarige sich warum, kam allerdings nicht dazu etwas zu sagen da Chase ihr da auch schon schmunzelnd vorschlug: "Ich schätze mal du willst dich gleich umziehen? Endlich mal wieder Klamotten die dir passen hm?"
Ja da musste sie ihm allerdings zustimmen. Sie war nun schon ein paar Tage hier und hatte sich mit den Klamotten des Brünetten begnügen müssen. Tyson war leider nicht so gütig gewesen ihr einen Koffer mit Klamotten mitzugeben und einkaufen war ja nun so als Gefangene nicht wirklich eine Möglichkeit.
Elegant hopste sie vom Bett, auf dem sie bis dato im Schneidersitz neben Chase gesessen hatte, und lief kokett grinsend in Richtung des Badezimmers. Aus dem Augenwinkel heraus konnte sie sehen, dass die Blicke der Zwei ihr mit scheinbar mildem Amüsement aber doch auch deutlichem Interesse folgten. Das gefiel ihr. Zumal auch die zwei ihr ausgesprochen gut gefielen. Hoffentlich waren sie nicht auch schwul. Aber das konnte sie sich irgendwie nicht so ganz vorstellen. Sie hatten gerade ganz und gar nicht so gewirkt als wären sie es. Aber so genau konnte man das wohl auch nicht sagen.

Nach einer raschen Dusche, durchsuchte Lucy erstmal mit mehr oder weniger großem Interesse den Rucksack. Die Kleidung darin war gar nicht mal so schlecht. Nicht so ganz ihr Stil aber doch ganz annehmbar. Geschmackvolle, schwarze Unterwäsche, ein weißes bauchfreies Top und ein schwarzes Hemd welches sie sich über dem Bauchnabel zusammenknotete. Danach folgte nur noch eine Art schwarze Caprihose die aussah als hätte man die Hosenbeine bis knapp unter das Knie hochgekrempelt und dazu ein schwarzer modischer Gürtel.


Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel, drehte sich einmal kurz um die eigene Achse und warf die Kleidung die sie zuvor getragen hatte - ein zu großes Shirt und eine ebenfalls zu große Hose von Chase - in die Wäsche. Frisch geduscht und sich nun wieder sehr viel wohler fühlend in passender Kleidung, verließ die junge Frau das Badezimmer.
Dort angekommen wurde sie von den zwei Besuchern mit einem jeweiligen anerkennenden Pfiff begrüßt. Beiden schien das Outfit an ihr gut zu gefallen. Keldan hopste sogar vom Bett um interessiert um sie herum zu gehen, während Nils auf dem Bauch liegend das Kinn auf seine Fäuste stemmte.
"Nicht schlecht, steht dir besser als unserer kleinen Schwester!", raunte Nils grinsend vom Bett zu ihr herüber, während Keldan ebenso amüsiert flötete: "Bringt deine sexy Kurven wirklich gut zur Geltung." "Danke.", kam es da auch schon prompt und mit einem koketten Augenaufschlag von der Rothaarigen.


Kurz warfen die zwei Jungs sich einen bezeichnenden Blick zu, bevor Nils nachdenklich den Kopf schräg legte und sinnierte: "Du erinnerst mich vom Äußeren her ein wenig an unseren besten Freund und dessen Mutter." Keldan der sich nun ebenfalls wieder lässig auf dem Bett niedergelassen hatte, stützte die Arme locker hinter sich ab und fügte noch nachdenklich hinzu: "Stimmt. Hat Robyn nicht sogar mal erwähnt er hätte eine Schwester mit roten Haaren und grünen Augen gehabt? Die Hautfarbe stimmt auch." "Das Alter würde ebenfalls stimmen falls sie noch leben würde." "Du heißt nicht zufällig auch noch Lucy und hast nen kleinen Bruder?"
Mit einem vollkommen verdatterten, überrumpelten Blick starrte die Rothaarige die Jungs an und offenbar war ihr deutlich anzusehen, dass die zwei den Nagel auf den Kopf getroffen hatten. Sie rissen beinahe gleichzeitig verblüfft die Augen auf, warfen sich und Chase kurze Blicke zu und musterten Lucy nun deutlich forschender. Wobei Nils sich nun ebenfalls in eine sitzende Position begab.
Chase hingegen, der ja von Robyn scheinbar nicht viel zu wissen schien, wirkte nur ein wenig verwirrt, hielt sich aber schweigend zurück um die 'Erkenntnis' nicht weiter zu stören. 


"Ist nicht dein Ernst?" "Du bist wirklich Robyns große Schwester?!" "Er wird ausrasten vor Freude wenn wir ihm das erzählen!" "Der glaubt uns das doch niemals!"
Lucy wusste nicht wie sie reagieren sollte. Sie hatte ja gewusst dass er noch lebte und mittlerweile ja auch wo er war. Aber sie hatte nicht damit gerechnet so schnell damit konfrontiert zu werden. Zumal sie vorher eigentlich noch etwas anderes erledigen wollte und im Augenblick ja ohnehin nicht zu ihm konnte...
Tief atmete sie ein und aus, sammelte sich innerlich und versuchte die Jungs schließlich mit schrägem Lächeln aber deutlich bittend zu beruhigen: "Hey... ehm... ja... also wenn er mit Nachnamen Kazanova heißt dann ist er mein Bruder, das habt ihr richtig erkannt. Aber... bitte sagt ihm noch nichts davon dass ich lebe. Ich kann im Augenblick sowieso nicht zu ihm, immerhin sitze ich hier fest... und... ich hab vorher noch was anderes wichtiges zu erledigen wisst ihr..."
Wieder ein kurzer Blickaustausch, woraufhin Nils sich mit Zeigefinger und Daumen nachdenklich über den Bart am Kinn strich. "Was hast du denn zu erledigen?" "Vielleicht können wir behilflich sein?", fügte Keldan, ebenso nachdenklich aber nach wie vor in der selben lockeren Sitzposition wie zuvor, hinzu.
So ganz sicher war sie sich nicht was sie von diesem Angebot halten sollte. Wie wollten die Beiden ihr denn bitte helfen? Trotzdem zögerte sie, sie einfach abzuweisen. Vielleicht könnten sie ihr ja doch irgendwie eine Hilfe sein? Sie war sich nicht ganz sicher... Einige Herzschläge schwieg sie, bevor sie doch vorsichtig erklärte: "Ich will zu der Person die für den Tod meines Vaters verantwortlich ist und... die Motive herausfinden." 
Nun letzteres war nicht gänzlich gelogen... aber auch nur die halbe Wahrheit. Eigentlich wollte sie sich rächen. Allein der Gedanke dieser Person zu begegnen machte sie so unsagbar wütend, ließ die Mordgelüste nur so in ihr brodeln. War ihr wohl nur allzu deutlich vom Gesicht abzulesen, denn die Jungs wirkten zwar eher nachdenklich aber Chase runzelte mehr als offensichtlich missbilligend die Stirn.
Trotzdem sagte er erstmal nichts dazu, hielt sich nachwievor zurück. Vielleicht verstand er es ja trotzdem zu einem gewissen Grad, warum sie das wollte. Er wirkte wie ein Mensch dem seine Familie etwas bedeutete. "Weißt du denn schon wer es gewesen ist?", fragte Nils plötzlich grüblerisch, wurde von Keldans Worten begleitet: "Und wenn du weiß wer es war, weißt du auch wo die Person lebt?"
"Beides ja.", gab sie knapp aber in einem bestimmenden, überzeugten Tonfall von sich. Die Jungs sahen sich für einige Augenblicke schweigend in die Augen, schienen ein stummes Zwiegespräch zu halten, bevor sie ihre Blicke erwartungsvoll auf Chase richteten und diesen damit geradezu erschlugen.
"Oooooh nein. Das könnt ihr vergessen. Ihr braucht mich gar nicht so anzusehen! Ihr wisst dass das nicht geht! Ich würde mega Ärger bekommen wenn was schief geht!", brachte dieser mit abwehrend gehobenen Händen hervor und zog scheinbar gequält die Augenbrauen zusammen. 


"Ach komm schon Chase!" "Es geht hier immerhin um eine Familienangelegenheit!" "Und um die Schwester und den Vater unseres besten Freundes!" "Genau! Wir passen auch richtig gut auf sie auf." "Versprochen! Uns entkommt niemand!", redeten die zwei ganz enthusiastisch auf den armen Kerl ein, während es bei Lucy langsam klick zu machen schien. Die... wollten mit ihr zusammen dahin? Wollten die zwei ihr wirklich helfen?! 
Chase verzog allerdings nur leidend das Gesicht, raufte sich durch das Haar und seufzte schließlich entnervt: "Ich halte das für keine gute Idee... ich würde dir echt gern helfen Lucy, ich hab ja gesagt ich überleg mir was. Aber wenn du bei der Gelegenheit abhauen würdest, dann würde das alles an mir hängen bleiben und ich würde verdammt viel Ärger bekommen..."
Oho... das lief in eine Richtung die ihr ausgesprochen gut gefiel. Kurz wägte sie ab was sie tun sollte. Der Braunhaarige war ein netter Kerl und er hatte sich die letzten Tage wirklich gut um sie gekümmert, sie war sich auch ziemlich sicher, dass er ihr wirklich helfen wollte. Aber war sie ihm wirklich etwas schuldig?
Kurz erwägte sie sogar den Gedanken ihn hinters Licht zu führen und die Chance zu nutzen um abzuhauen, verwarf das allerdings fast sofort wieder. Sie wollte erstens nicht dafür verantwortlich gemacht werden wenn ihm am Ende wegen ihrer Flucht etwas zustieß - bei Tyson konnte man nie wissen - und zweitens... die zwei Jungs waren offenbar Robyns beste Freunde und mit Chase ebenfalls recht dicke. Sie würden ihrem kleinen Bruder also sicher davon erzählen und von dem wollte sie auf keinen Fall nicht gemocht werden.
"Ich werd nicht abhauen. Schon allein weil Robyn sicher sauer wäre wenn Keldan und Nils ihm davon erzählen würden dass einem Freund von ihnen wegen mir etwas zugestoßen ist. Es ist mir wichtig von meinem kleinen Bruder gemocht zu werden. Also... würdet ihr mir wirklich helfen das zu... erledigen?", ihr hoffnungsvoller Tonfall überraschte sie selbst und als sie in das Gesicht des Brünetten blickte, sah sie dass er nicht mehr nein sagen würde. "Okay... aber-", gab er sich geschlagen, konnte jedoch gar nicht aussprechen weil er sofort überschwänglich von Lucy umarmt wurde. 


Oh mein Gott, damit hätte sie niemals gerechnet. Nicht nur, dass sie nun früher als erwartet die Möglichkeit bekam etwas über den Unfall herauszufinden und sich an dem Täter zu rächen, nein, sie bekam auch noch Hilfe. "Danke Chase! Du bist echt klasse!" Sie gab ihm sogar einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange, der von ihm mit einem schiefen Lächeln kommentiert wurde, gefolgt von einem Seufzen.
Allerdings war er nicht der Einzige der Aufmerksamkeit bekam, die Jungs bekamen auch beide jeweils einen Kuss auf die Wange. Nur reagierten sie gänzlich anders als der Brünette, schlangen fast zeitgleich ihre Arme um Lucy und zogen sie an Chase vorbei, zwischen sich aufs Bett, grinsten von oben herab in ihr Gesicht, während sie aus dem Augenwinkel heraus sah wie der Brünette nur die Augen verdrehte.
"Olala, also ich finde ja wir haben dafür einen richtigen Kuss verdient!" "Mit allem drum und dran~" raunten sie amüsiert wie auch kokett grinsend. "Jungs ernsthaft? Soll ich euch vielleicht lieber allein lassen? Oder noch besser euch ins Gästezimmer geleiten?" Chase wirkte ein wenig genervt aber nicht in einem negativen Sinne. Es war mehr Spaß als Ernst wenn sie sich nicht ganz arg in ihm täuschte.
Sie behielt Recht, denn Nils und Keldan grinsten ihn nur amüsiert an und antworteten wie so oft schon abwechselnd, wobei Nils begann: "Na wenn du so freundlich fragst." "Du weißt eben was Männer wollen!" Beide lachten, gaben Lucy gleichzeitig einen Kuss auf die ihnen zugewandte Wange und ließen schließlich wieder von ihr ab um sich aufzusetzen.


"Aber im Ernst jetzt, da wir heute ja ohnehin über Nacht bleiben würde ich vorschlagen dass wir die Zeit auch sinnvoll nutzen." Zustimmend nickte Keldan auf die Worte seines Bruders, fügte mit etwas ernsterem Blick und Lucy gemeinsam mit Nils in eine sitzende Position hochziehend hinzu: "Und zwar indem wir gleich mal planen wann und wie wir das am besten machen wollen. Das heißt, Lucy, rück mal raus mit allem was du an Informationen zu bieten hast." "Wir werden das Haus dann die Tage erstmal genauer abchecken und prüfen wann es am ungefährlichsten ist dort nach Hinweisen und was sonst noch allem zu suchen." "Dann können wir danach auch gleich planen wann wir das alles dann in die Tat umsetzen wollen."
Das klang nach einer ausgezeichneten Idee, auch Chase stimmte dem zu, führte aber seinen vorhin von Lucy unterbrochenen Satz endlich in einem entschlossenen, keinen Widerstand duldenden Tonfall fort.
"Um auf vorhin zurückzukommen, ich werde auf jeden Fall auch mitkommen."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen