Donnerstag, 6. Juli 2017

Vorgeschichte Kapitel 28

28. Zu den Akten


Lucy


Lucy hatte ein mehr als nur ungutes Gefühl als Chase mit dem Handy in der Hand und einem unbehaglichen Blick im Gesicht zurück ins Zimmer kam. Er war kurz zuvor aus dem Raum gegangen aufgrund eines Anrufs, scheinbar von einem der Jungs. 
Was war los? War irgendetwas schief gegangen? Soweit sie wusste hatte er etwas erwähnt von wegen dass sie heute in die Villa hatten einsteigen wollen um sich Pläne und sowas zu beschaffen. Komisch daran war allerdings gewesen, dass sie ihr nichts genaues darüber hatten erzählen wollen. Natürlich hatte sie das weniger gut aufgenommen aber es hatte alles nichts gebracht und am Ende hatten sich die zwei Blondschöpfe durchgesetzt. Sehr zu ihrem Ärgernis. Aber sie hatte sich nicht weiter dazu geäußert, sich nur ihren Teil dabei gedacht.
„Was ist los?“
, fragte sie deshalb also in einem ruhigen, nur minimal besorgten Tonfall, veranlasste Chase dadurch natürlich dazu ein wenig die Stirn zu runzeln bevor er dann doch abermals seufzend eine Antwort gab:
„Die Jungs sind auf dem Weg hierher... und sie haben einen Verletzten dabei...“


Freitag, 23. Juni 2017

Vorgeschichte Kapitel 27

27. So nimmt es seinen Lauf

Robyn



Die Sonne war bereits vor gut vier Stunden untergegangen, hatte einem sichelförmigen Mond Platz gemacht. Hier und da konnte man sogar vereinzelt ein paar Sterne am verhangenen Firmament ausmachen. Trotzdem lag ein angenehmes Klima über dem gehobenen Villenviertel. Die Luft war trocken und warm, ein paar Grillen zirpten und hier und da hörte man das elektrische Surren der Straßenlaternen, ansonsten war es jedoch mucksmäuschenstill. Fast als hätte jemand einen Knopf gedrückt und alles menschliche Leben aus diesem Bereich der Wüstenortschaft verdrängt. 
Natürlich war das ein unsinniger Gedanke, Robyn wusste das in den umliegenden Häusern Menschen friedlich in ihren Betten lagen und vor sich hin schlummerten. Nicht in jedem aber in einigen. Er sah sogar hinter ein paar der Fenstern sanftes, gedämpftes Licht nach außen dringen. Glücklicherweise jedoch auch nur dort und nicht aus der Villa vor dessen Mauer er gerade stand, rechts und links neben sich seine zwei besten Freunde.
Noch konnten sie die Sache abblasen, noch konnte er sich doch dagegen entscheiden, es als zu gefährlich und riskant abstempeln und einfach sein lassen. Doch dann würde Lucy es alleine versuchen, würde ohne Pläne da rein gehen, würde sich und wahrscheinlich auch ihn und seine kleine, halbwegs heile Familie in Gefahr bringen.
Ein tiefes Seufzen rollte ihm über die Lippen, lenkte die Aufmerksamkeit der Jungs auf ihn. Er spürte ihre fragenden, forschenden Blicke, zuckte zur Antwort allerdings nur mit den Achseln und nickte in Richtung der hohen Steinmauer. Weiter darüber nachzugrübeln würde ihn nur unnötig viel Zeit kosten die sie nicht hatten. Wer wusste schon wie lange diese Dawn außer Haus sein würde. Sie mussten sich beeilen wenn sie nicht erwischt werden wollten.
Das war dann auch der Grund aus dem der junge Blondschopf nicht mehr länger zögerte, sich von den zwei jungen Männern nach oben stemmen ließ und sich schließlich an der Mauer hinauf zog. Er machte sich gar nicht erst die Umstände sich aufzusetzen und zu riskieren leichter von einem zufälligen, verirrten Blick gesehen zu werden, schob sich stattdessen bäuchlings über die Kante und ließ sich auf der anderen Seite der Mauer wieder zu Boden fallen.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Vorgeschichte Kapitel 26

26. Die lieben Frauen

Viper


Augenrollend schloss Viper die Tür hinter dem Mädchen, fragte sich innerlich was zur Hölle nochmal sie sich eigentlich bei der Aktion gedacht hatte. Ob er sie noch ein wenig deutlicher zurechtweisen hätte sollen?
Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen aber es war ihm wichtig ein gutes Verhältnis mit seinen Schülern zu haben. Auch einer der Gründe aus denen er anfangs stattdessen versucht hatte die ganzen mehr als eindeutigen Zweideutigkeiten zu 'übersehen'.
Andererseits war sie definitiv zu weit gegangen.
Vor allem das mit dem Pullover... das war schon eine Nummer für sich gewesen. Wer hätte sowas von einem fünfzehnjährigen Teenager erwartet? Viper sicher nicht. Stellte sich jetzt nur die Frage was er dagegen tun sollte. Wahrscheinlich würde er bei Gelegenheit mit ihrem Vater reden. Also zumindest mit einem davon.
Schüler waren für ihn definitiv ein absolutes Tabu. Erstens weil ihm sein Job wirklich wichtig war und zweitens weil er es selbst für unverantwortlich hielt. Er war da um Jugendlichen etwas beizubringen und nicht um sie zu 'benutzen'. Viper war vielleicht nicht unbedingt das was man einen Heiligen nannte, genau genommen konnte er sogar ein ziemliches Arschloch sein, allerdings hatte auch er seine Prinzipien.
Und dazu gehörte, dass Schülerinnen - und Kolleginnen - ein absolutes Tabu waren. Er wollte weder sein gutes, positives Arbeitsklima gefährden, noch wollte er seine Schüler-Lehrer Beziehung zerstören. Immerhin trug er ja doch eine gewisse Verantwortung in seiner Position.
Davon mal abgesehen, wäre ihm das Mädchen aber selbst wenn sie nicht seine Schülerin gewesen wäre, viel zu jung. Sie war gerade mal fünfzehn und er war sechsundzwanzig. Das waren über zehn Jahre und noch dazu war sie Minderjährig. Sicher, gesetzlich dürfte er mit einem Mädchen in dem Alter schlafen - solange er sie nicht verführte - Schüler zählten da jedoch nicht dazu. Es war definitiv nicht erlaubt solange er ihr Lehrer war.
Mal ganz davon abgesehen, dass er davon ohnehin nicht viel hielt. Zumindest auf ihn persönlich bezogen. Er war kein Mann für eine feste Beziehung, er wollte seine Freiheit und für ihn gab es in Bezug auf Frauen keine 'Monogamie'. Abwechslung war das was er wollte, zumindest momentan. Ob und wann sich das ändern würde konnte er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Jedenfalls war das einer der Gründe weshalb er die Finger von Minderjährigen ließ. Er hatte nicht vor die Gefühlswelt von Teenagern zu torpedieren und am Ende noch dafür verantwortlich zu sein sie beziehungsunfähig gemacht zu haben. In dem Alter wusste man einfach noch nicht so genau was man tat und war einfach unzurechnungsfähig. Zumindest in seinen Augen.


Freitag, 2. Dezember 2016

Vorgeschichte Kapitel 25

25. Nachhilfestunde mit Hindernissen

Chiyo


Welch wundervoller Tag heute doch war! 
Es war Samstag Mittag, die Sonne schien, es wehte ein kühler Wind und kaum eine Wolke war zu sehen. Gut, für Hochsommer waren die Temperaturen eventuell ein bisschen niedrig, schließlich musste man sogar eine Jacke tragen wenn man nach draußen ging.
Chiyo für ihren Teil mochte das allerdings. Sie hasste die Hitze des Hochsommers. Klar, sie ging gerne ins Schwimmbad und sie mochte auch Poolpartys und so. Sommer war schon nicht schlecht. Aber diese übertriebene Hitze eben! Diese schreckliche, schwüle Hitze bei der man das Gefühl hatte man würde sich in einem Dampfbackofen befinden. Oder der Sauna.
Dabei war noch nicht mal die Hitze allein das schlimmste. Nein. Es waren die Menschen die offensichtlich nicht wussten was Körperpflege bedeutete. Oder kein gutes Deo hatten. Oder ein Problem mit ihrem Körper. Egal was es war, es war unangenehm wenn man umgeben von zwiebelnden Menschen war. 
Da war so ein kühler Tag doch wirklich um einiges angenehmer.
Davon mal abgesehen, war das allerdings nicht der Grund für ihre ausgesprochen gute Laune und dafür dass sie diesen Tag so wundervoll fand. Nein. Es war die Tatsache, dass sie heute Nachhilfe hatte!
Oh ja, Chiyo liebte es Nachhilfe zu haben. Jede Woche fieberte sie dem Samstag entgegen. Nein, sie lernte nicht gern. Sah sie vielleicht aus wie ein Streber oder was?! Also ernsthaft. Nein es war viel mehr die Tatsache, dass sie einfach total vernarrt in ihren Nachhilfe Lehrer war. Er gab ihr Nachhilfe in Deutsch und Kunst.
Nicht dass sie es nötig gehabt hätte... aber das wusste er ja nicht. Na schön, Kunst Nachhilfe konnte nie schaden. Da lernte man immer was und Übung machte den Meister wie ihr jüngerer Zwillingsbruder immer sagte. Und ihr Nachhilfe Lehrer ebenso.
Aber die Deutsch Nachhilfe... naja auf die hätte sie schon verzichten können. Es war ein wenig unnötig weil sie eigentlich sehr gut in Deutsch war. Sie hatte ihrem Lehrer bei einer entsprechenden Frage erklärt, dass sie nur dank seiner Nachhilfe so gut war. Eine blanke Lüge. Sie war gut weil sie es konnte.
Aber auch das konnte er natürlich nicht wissen.
Jedenfalls fand sie ihn einfach unglaublich toll. Er war charmant, jung und so gutaussehend! Keiner dieser fetten Muckimänner, die mochte Chiyo ja überhaupt nicht. Er war auch kein langhaariger Beachboy Schönling. Auf sowas konnte sie ebenfalls verzichten. Er war eben einfach... cool. Vielleicht ein leicht femininer Frauenheld. Feste Freundin hatte er jedenfalls keine.
Noch nicht. 
Ihr würde es natürlich ausgesprochen gut gefallen, wenn sie diese Rolle irgendwann übernehmen könnte.
Natürlich war ihr bewusst, dass das ein unrealistischer Gedankengang war. Zumindest solange sie seine Schülerin und so jung war. Zwischen ihnen lagen gute elf Jahre! Aber das war kein Grund für sie die Flinte ins Korn zu werfen. Oh nein. Wenn Chiyo etwas wollte, dann versuchte sie auch es zu bekommen. Aufgeben war keine Alternative!
Vielleicht bekam sie ja irgendwann ihre Chance und dann mal sehen.
Bis dahin würde sie ihn eben einfach weiterhin im Unterricht und während der Nachhilfe anschmachten. Vielleicht auch ein wenig anflirten aber normalerweise nahm er es nicht ernst wenn sie das tat. Für sie natürlich kein Grund es zu unterlassen. Sollte er es nur als Spaß ihrerseits sehen.
Jedenfalls war sie gerade auf dem Weg zu seiner Wohnung, zusammen mit ihrem ein paar Minuten jüngeren Bruder Nika. Er wirkte ein wenig gehetzt und nervös, ein bisschen so als hätte er was ausgefressen. Oder hatte vor noch etwas auszufressen. So genau konnte man das bei ihm nie sagen.

Freitag, 25. November 2016

Vorgeschichte Kapitel 24

24. Tränen und Antworten

Deirdre


Tief stand die Sonne bereits am Horizont, tauchte die ockerfarbenen Berge in goldgelbes, sanftes Licht. Ein laues Lüftchen wehte, wirbelte den sandigen Untergrund hier und da ein wenig auf. Die Temperaturen waren angenehm wohlig warm, umschmeichelten die Haut wie eine flauschige Kuscheldecke.
Davon jedoch gänzlich unberührt, stand das kleine, rothaarige Mädchen vor dem großen, hübschen Haus in dem ihr Vater sich wohl gerade befinden musste und betrachtete es nachdenklich. Es sah wirklich toll aus und soweit Deirdre das in ihrem jungen Alter feststellen konnte auch sehr viel teurer als das in dem sie mit ihrer Mum und ihren Geschwistern lebte.
Hatte ihr Daddy so viel Geld? Oder hatte seine andere Familie so viel? War seine Frau reich? Einen Augenblick stellte Deirdre sich vor dass sie jetzt vielleicht zwei Familien hatte. Zwei Mommys, viel mehr Geschwister und zwei Häuser. Vielleicht sogar eine große Schwester! Das wäre gar nicht so schlecht. Aber eine zweite Mommy wollte sie eigentlich nicht, sie war ziemlich zufrieden mit der die sie hatte. Vielleicht konnte diese Tiana ja auch ihre Tante sein. War sie ja so gesehen auch. Immerhin war sie ja die Schwester ihrer Mutter.
Das war ein merkwürdiger Gedanke. Dass ihr Daddy mit ihrer Mommy und ihrer Tante zusammen war. Ganz schön unvernünftig und hinterhältig. Sogar Deirdre wusste genug von Beziehungen um zu wissen dass man sowas nicht machte.
Aber wie dem auch sei, deshalb war sie ja nun nicht hier. Genau genommen war sie hier, um ihrem Vater mitzuteilen dass es ihr gut ging und dass sie einen Plan aushecken mussten um ihre Mommy zu retten. Naja oder vielleicht eher einen um Shereena zu helfen. Ihre Mommy konnte ganz gut auf sich selbst aufpassen und außerdem gefiel Deirdre der Gedanke von ihr und Mr. Verbrecher. Sie passten wirklich gut zusammen.
Anfangs hatte Deirdre ja noch gedacht sie müsse Lucy retten und dass Tyson ein böser gemeiner Verbrecher war. Aber mittlerweile war sie zu dem Entschluss gekommen, dass er ein lieber Kerl war. Vielleicht nicht in jeder Hinsicht aber sie konnte sich nicht vorstellen dass er seiner Tochter oder Lucy etwas böses wollte.
Deirdre würde ihn das nächste Mal wenn sie ihn sah auf jeden Fall fragen weshalb er Shereena überhaupt bei sich haben wollte und warum sie nicht bei Lucy leben sollte. Sie fragte sich sowieso warum ihn das bisher niemand gefragt hatte.
Ihr Blick glitt wieder zu der schönen, hölzernen Tür vor der sie seit einigen Herzschlägen stand und vor sich hin sinnierte. Irgendwie fühlte sie sich nervös. Ob ihre zweite Familie sie wohl mögen würde? Hoffentlich. Deirdre wäre ziemlich traurig wenn nicht. Aber ihr Daddy würde sie schon davon überzeugen dass sie ein liebes Mädchen war und dass sie, sie mögen sollten.

Freitag, 18. November 2016

Vorgeschichte Kapitel 23

23. Der Besucher mit den mangelnden Manieren

Eilin


Hier saß sie nun, angespannt, unruhig, aufmerksam. Der Sessel war bequem, gut gepolstert und das Klima wie immer ausgesprochen angenehm. Aber das wusste sie ja nun schon länger. Immerhin war sie mittlerweile wirklich schon eine ganze Weile hier. Zu lange für ihren Geschmack. Aber genau genommen waren auch schon ein paar Minuten zu lang wenn man sie in Gefangenschaft verbrachte.
Wie viel Zeit war mittlerweile vergangen? Über eine Woche auf jeden Fall. Vielleicht auch schon zwei oder drei. Sie wusste es nicht genau. Was sie wusste war, dass sie ihre Babys vermisste. Harvey und Daireann. Wenn das so weiter ging, würden die zwei noch ohne sie aufwachsen. Außerdem hatte sie sich endlich mal gewisse Fragen gestellt. Erstens, wo zur Hölle blieb Joel die ganze Zeit und zweitens, wo war eigentlich Lucy? Wobei Ersteres vielleicht sogar ganz gut war... denn es bedeutete, dass er Ren nicht hatte austricksen können. Ihr Plan war also aufgegangen. Aber was Lucy anging...
Sie war ganz offensichtlich nicht hier. Im ersten Moment hatte sie sogar die ernsthafte Befürchtung gehabt Tyson hätte sie umgebracht. Aber als sie ihn ganz entsetzt darauf angesprochen hatte, hatte er nur eine Augenbraue gehoben und sie darauf hingewiesen, dass er die Mutter seiner Tochter nicht einfach töten würde. Angeblich schon allein weil er von seinem Kind nicht gehasst werden wollte falls es das irgendwann herausfand. 
In wie weit sie ihm das glauben konnte war fraglich. Allerdings hatte sie das - glücklicherweise wie sie fand - auch wieder daran erinnert, dass er mit Lucy geschlafen hatte und sie genau aus diesem Grund jetzt in dieser verdammt anstrengenden Situation waren. Sie wäre ganz schön blöd diesen Fehler jetzt selbst zu machen. 
Kurz fiel ihr Blick auf Tysons Lippen, wie sie einfach so weich und voll waren, Worte darüber rollten und seine Zunge sich innerhalb des Mundes bewegte… es war wirklich schwer die Gedanken an ihre Situation aufrecht zu erhalten. Vor allem wenn man sich permanent vorstellte wie seine Zunge wohl schmecken würde. Verdammte Metallfresse. Warum war er so verführerisch?! Er war ein verdammter Schwerverbrecher!

Freitag, 11. November 2016

Vorgeschichte Kapitel 22

22. Wut und Fragen

Robyn


Zehn Minuten hatte es gedauert. Zehn Minuten in denen aus der Nervosität und der Verlegen- und Unsicherheit etwas vollkommen anderes geworden war. Eine stumpfe, seltsame Leere. Als könne sein Gehirn eben gehörtes nicht sofort verarbeiten.
Es erklärte weshalb Nils die Vase und die Kerze aus seiner Reichweite entfernt und Keldan sehr vorsichtig zu erzählen begonnen hatte. Wahrscheinlich hatte er Angst gehabt der Blondschopf würde sie packen und gegen die Wand schleudern. Nicht unbedingt eine unnötige Vorsorgeaktion.
Im Augenblick allerdings waren seine Synapsen noch dabei diese Informationen zu verarbeiten. Zu verstehen was das eigentlich bedeutete. Lucy lebte also noch. Seine geliebte, ältere Schwester war noch am Leben. Putzmunter wenn man den Worten der Jungs glauben konnte und das konnte er.
Langsam begann die Leere sich zu füllen. Zuerst mit heller Freude darüber dass Lucy nicht tot war und er sie endlich wiedersehen würde. Er hatte es sich so lange gewünscht, immer wieder. Er hatte anfangs sogar jede Nacht von ihr und seinem Vater geträumt, davon wie sie alle wieder zusammen waren und das alles nur ein böser Traum war.
Nur leider blieb es nicht bei der Freude. Sicher sie verpuffte nicht einfach, sie war definitiv noch da. Allerdings wurde sie nun überschattet von einer blinden, alles verschlingenden Wut, ausgelöst durch eine einzige, simple Frage. Am liebsten hätte der Jugendliche irgendetwas gepackt und gegen die Wand geschleudert. Irgendetwas Hartes was kaputt gehen konnte. 
Noch blieb er allerdings ruhig, atmete einmal tief durch und konnte schon sehen wie die Blicke der Jungs aufmerksamer wurden. Sie wussten dass er wütend war. Er schloss für einen Augenblick die Augen, leckte sich mit der Zungenspitze über die Mitte seiner Oberlippe und fragte schließlich leise in einem sehr kühlen Tonfall:
"Warum hat sie sich nicht früher gemeldet?"

Freitag, 4. November 2016

Vorgeschichte Kapitel 21

21. Die Entscheidung die eigentlich schon feststand

Nils


Nachmittag, die Sonne stand hoch am Himmel, die Luft flimmerte von der sommerlichen Hitze und die Vögel zwitscherten hier und da. Die Villen und Häuser waren nobel und groß, der Springbrunnen in der Mitte des Platzes ebenso. Auch die rostbraunen Steinbänke waren schön anzusehen, befanden sich in einem ausgezeichneten Zustand. Man könnte sie sogar als einigermaßen bequem betiteln. 
Von all dem mal abgesehen, war es jedoch definitiv zu warm für einen Anzug.
Aber was tat man nicht alles um in eine bestimmte Gegend zu passen. Trotzdem wünschte der junge Erwachsene, der es sich mit seinem Bruder nun bereits seit geraumer Zeit auf einer der drei Bänke die um den großen Springbrunnen herum standen bequem gemacht hatte, dass es eine bessere Klamottenwahl gegeben hätte.
Oder zumindest eine kürzere.
Diese noble Schnöselgegend war so versnobt dass man nur mit den Augen rollen konnte. Und das obwohl hier ganz gewiss nicht nur die gesetzestreue Art der Reichen lebte. Falls es diese überhaupt gab. Ihr Observationsobjekt gehörte jedenfalls nicht dazu, wie sie bereits bei ihren Recherchen hatten feststellen dürfen.
Klar gewesen war es ihnen zwar zuvor schon, Lucy hatte ihnen davon erzählt inklusive aller Einzelheiten die sie selbst in Erfahrung hatte bringen können bevor sie sich in diese denkbar ungünstige Situation manövriert hatte, aber es konnte nie schaden selbst nochmal einmal zusätzlich ein wenig nachzuforschen. 
Sie waren nun jedenfalls gut informiert.
Mittlerweile hatten sie auch bereits gewisse Regelmäßigkeiten feststellen können. Abläufe und Routinen die sich hier und da wiederholten. Es war schwer gewesen sie zu entdecken aber es gab sie. Auch die Nachbarn waren von ihnen befragt worden, natürlich nicht persönlich, schließlich wollten sie ja nicht dass irgendjemand mit ihnen in Verbindung brachte was sie vorhatten.
Dass sie nun selbst hier saßen und die große, weiße Villa mit dem orangeroten Dach in Augenschein nahmen hatte nur einen Grund, sie mussten sich selbst ein Bild davon machen. Wenn sie dort einsteigen wollten, mussten sie die Gegend kennen, wissen wie das Haus - zumindest von Außen - aufgebaut war.

Freitag, 28. Oktober 2016

Vorgeschichte Kapitel 20

20. Der Morgen danach

Robyn


Stechende Kopfschmerzen und unangenehm grelles Licht empfingen ihn als er blinzelnd, mit trockenem Mund und widerlichem Geschmack auf der Zunge die Augen öffnete. Die Desorientierung war im ersten Augenblick so extrem, dass der arme Junge nicht einmal wusste wo und vor allem warum er hier war. 
Schmerzvoll stöhnend schloss er seine brennenden Augen wieder, rieb sich mit dem Handrücken über die geschlossenen Lider und massierte im nächsten Moment auch schon seine pochenden Schläfen.
Als er die Augen vorsichtig wieder öffnete, starrte er an eine ihm fremde Decke mit einer ihm ebenso fremden Lampe. Auch das Bett in dem er lag - zumindest nahm er an dass es ein Bett war - fühlte sich fremd an. Und da war noch etwas... diese weiche, seidige Wärme neben ihm... das war doch kein Kissen...
Vollkommen irritiert blickte er neben sich, starrte in das schlafende, hübsche Gesicht einer blonden, ihm sehr bekannten Teenagerin. Leah. Was...

Freitag, 21. Oktober 2016

Vorgeschichte Kapitel 19

19. Blanke Nerven

Eilin


Langsam aber sicher war die arme Rothaarige dabei den Verstand zu verlieren. Dieser verdammte Verbrecher trieb sie an den Rande des verdammten Wahnsinns mit seinem verdammten Verhalten. Verdammt sollte er sein.
Wie so oft in den letzten paar Tagen, genau genommen seit dem Tag ihrer Ankunft, saß sie in der Küche auf einem der bequemen Barhocker, hatte die Hände auf der Theke verschränkt und starrte grübelnd auf die glatte, sauber polierte Arbeitsfläche.
Im Gegensatz zum ersten Tag seit sie hier war, war sie allerdings nicht nervös und unruhig weil sie Angst hatte, sondern weil Tyson-
Plötzlich spürte sie wie warme Fingerspitzen mit nur dem Hauch einer Berührung über den dünnen Stoff ihres Oberteils, genau die Wirbelsäule entlang, strichen, eine kribbelnde Spur hinterließen. Direkt darauf folgte auch schon sein heißer Atem an Hals und Ohr und sie registrierte die ihr rau hinein gehauchten Worte.
"Na Angsthase~"
Erschrocken zuckte sie zur Seite zurück, wäre wohl sogar wiedermal vom Barhocker gefallen hätte der Brünette seinen Arm nicht - unerwünschter Weise!!! - um ihre Taille gelegt und sie schmal aber höchst amüsiert grinsend festgehalten. 
Sehr zu ihrem Leidwesen. Sie hätte lieber mit dem Boden gekuschelt als diesem Verbrecher so nahe zu sein. Zumindest wenn es nach ihrem Kopf ging. Wahrscheinlich war das auch der Grund weshalb sie sich mit dem Oberkörper und Kopf so weit zurücklehnte wie möglich, damit auch ja so viel Abstand wie möglich zwischen ihnen war.